Wie mein Leben in Kopenhagen mich verändert hat!
Sommer 2020 in Hamburg: Mein Freund hat ein paar Wochen vor der Geburt unseres ersten Kindes einen Job in Kopenhagen angeboten bekommen. Und wir mussten uns relativ schnell entscheiden, ob wir umziehen wollen. Für ihn als Däne war es ein “nach Hause kommen” nach 7 Jahren in Hamburg, für mich dagegen die viel größere Entscheidung ins Ausland zu gehen, mit allen Vorteilen und Herausforderungen, die dieser Schritt mit sich bringt. Wir haben damals relativ schnell zugesagt, ohne einen konkreten Plan wie lange wir bleiben wollen. Und heute lebe ich bereits seit 3,5 Jahren im wunderschönen Kopenhagen!
War diese Zeit immer einfach? Sicherlich nicht! Würde ich mich wieder dafür entscheiden? Auf jeden Fall!
Meine Erfahrung aus den letzten Jahren und wie mich die Auswanderung persönlich verändert hat, habe ich in diesem Blog Beitrag zusammengefasst!
Wir sind Ende Oktober 2020 von Hamburg nach Kopenhagen umgezogen, mit einem vier Monate alten Baby und ganz knapp vor dem zweiten großen Lockdown in Dänemark. Gerade angekommen im neuen Land und die ersten Wochen & Monate waren erstmal direkt ein Ausnahmezustand - was das generelle “Ankommen” und Eingewöhnen nicht unbedingt einfacher gemacht hat. Es hat also eine Weile gedauert, bis ich das “richtige Leben” in Kopenhagen erleben konnte.
Doch wie hat mich diese Erfahrung und die letzten 3,5 Jahre in Kopenhagen nun verändert?
When you commit to transforming your life, you commit to get very uncomfortable over and over again!
(Zitat von www.sharethelove.blog/livingabroad/spoiltexpat/)
1) Raus aus der Komfortzone - hinein in einen neuen Alltag!
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich rückblickend gesehen, etwas naiv an die Auswanderung herangegangen bin. Denn ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet und was das mit mir macht. Ich dachte damals, es ist ja “nur” Kopenhagen, ich kannte die Stadt und konnte mir gut vorstellen hier zu leben. Was ich komplett unterschätzt hatte: Es ist ein anderes Land mit einer anderen Sprache, Kultur etc. und das bedeutet, dass man sich in der ersten Zeit komplett außerhalb seiner Komfortzone befindet! In einem neuen Umfeld, dass man erst einmal kennenlernen und sich darin einfinden muss. Es ist eben doch ein großer Unterschied, ob man seinen Urlaub in Kopenhagen verbringt oder auf einmal hier lebt, mit allem was dazu gehört.
Gerade die Anfangszeit bringt viele alltägliche Herausforderungen mit sich, denn man muss erstmal herausfinden, wie alles in diesem Land funktioniert: Wie ist das Gesundheitssystem und wie finde ich einen Arzt bzw. mache einen Termin aus? Wo kann ich Briefmarken kaufen oder ein Paket nach Deutschland verschicken? Wo kann ich meine Kosmetikprodukte kaufen? (Ich vermisse auch nach drei Jahren noch einen DM/Budni hier.) Hier gibt es keine Amazon Overnight Delivery? (Nein, leider nicht, Amazon ist hier nicht so ein großes Thema. Die Lieferung dauert lang und man muss leider teilweise hohe Liefergebühren bezahlen.)
Das sind jetzt nur einige Beispiele, aber der Alltag kostet am Anfang unheimlich viel Kraft, da alles neu und ungewohnt ist. ABER genau das ist auch eines meiner größten Learnings: Ich weiß jetzt, dass ich mich auf mich selbst verlassen kann, dass ich anpassungsfähig bin und dass ich mich in jedem neuen Umfeld schnell zurecht finden werde!
2) Das “anders sein”
Ich bin an sich kein Mensch, der gerne im Mittelpunkt steht, aber seitdem ich in Kopenhagen lebe, falle ich täglich auf, denn hier bin ich die Ausländerin. Ich bin anders. Ich bin diejenige, die kein dänisch spricht, die sich nicht auskennt, die gewisse (Alltags-)Dinge einfach nicht kennt oder versteht. Und dadurch fällt man immer auf, sei es beim Bäcker, beim Arztbesuch oder auf dem Spielplatz.
Und irgendwann wird diese Gefühl des “anders seins” auch ein Teil deiner (neuen) Persönlichkeit. Denn im Ausland zu wohnen bedeutet auch, sich neu zu erfinden und neue Facetten an sich selbst zu entdecken. Und interessanterweise spielt auch die Sprache dabei eine Rolle, ich habe das Gefühl ich bin eine andere Person wenn ich englisch spreche, als wenn ich deutsch spreche. Generell fühlt sich eine Auswanderung teilweise wie ein “Neustart” an, du kannst dich in dem neuen Umfeld nochmals ganz anders als Person zeigen und vor allem auch neue Anteile deiner Persönlichkeit entdecken. Bei mir ist das definitiv "Mut” und “Stärke” - ich habe das Gefühl, dass ich mich jetzt viel mehr traue, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich mich auf mich selbst verlassen kann und dass sich alles schon irgendwie finden wird. Und das nimmt mir gleichzeitig auch die Angst vor Veränderungen.
3) Der Veränderungs-Prozess
Veränderungen passieren nicht von heute auf morgen sondern sind ein Prozess. Dies ist in der Change-Kurve sehr schön zusammengefasst, die aufzeigt, dass die Akzeptanz einer Veränderung durch verschiedene Phasen führt, die immer alle durchlaufen werden müssen. (Ihr findet dazu ein Reel auf meinem Instagram Account, falls ihr mehr über die Change Kurve wissen möchtet.)
Veränderungen kosten viel Energie & Einsatz und sind auch nicht immer einfach. Man findet sich zwangsläufig irgendwann in dem “Tal der Tränen” wieder, in diesem Moment, wenn man realisiert, dass jetzt wirklich alles anders ist. Das alte Leben so nicht mehr existiert und man sich aber auch noch nicht ganz in dem neuen Alltag angekommen fühlt. Das fühlt sich erstmal nicht gut an, ist aber gleichzeitig der Wendepunkt, der zur Akzeptanz der neuen Situation führt.
Mein “Tal der Tränen” war ca. Mitte 2021, also nach ungefähr 9 Monaten in Kopenhagen. Am Anfang ist alles neu & spannend, doch dann kommt irgendwann der Punkt, an dem man sich einsam & verloren fühlt. Rückblickend fiel das ungefähr mit der Kindergarten-Eingewöhnung unserer Tochter zusammen. Denn auf einmal hatte ich wieder Zeit für mich und habe dann angefangen, so einiges zu hinterfragen: Wie soll es jetzt für mich beruflich weitergehen in Kopenhagen? Was möchte ich machen? Ich habe meine Freundinnen & meine Familie vermisst. Und ein bisschen mein Leben in Hamburg.
Ich wünschte, ich hätte die Change Kurve vorher schon gekannt, dann hätte ich besser verstanden, was da mit mir los ist. Denn mir ging es einige Wochen & Monate gar nicht gut, bis ich dann irgendwann wieder neuen Mut gefasst und Kopenhagen als Chance gesehen habe, mich weiterzuentwickeln und Dinge anzugehen, die ich schon immer machen wollte, wie eben meine Coaching Ausbildung. Und ab da ging es aufwärts und nach und nach habe ich mich auch immer mehr “angekommen” gefühlt!
4) Proaktiv & offen auf Leute zugehen
Sich ein neues Leben und einen Freundeskreis in einem neuen Land aufzubauen, bedeutet auch, dass du erstmal in “Vorleistung” gehen musst, also die Initiative ergreifen und viel von dir aus geben musst. Und Geduld haben! Denn gerade soziale Kontakte entwickeln sich nicht von heute auf morgen. Und gerade die Dän:innen sind da aus meiner Erfahrung eher zurückhaltend, wenn es darum geht, neue Leute in ihr Leben zu lassen. Es dauert eine Weile, bis man ernsthafte Freundschaften aufbauen kann.
Kopenhagen ist gleichzeitig aber auch sehr international und insbesondere wenn man Kinder hat, kommt man jederzeit mit anderen Eltern in Kontakt, sei es auf dem Spielplatz, im Kindergarten oder durch die zahlreichen Baby-Gruppen & Aktivitäten, an denen man sich beteiligen kann. Und teilweise sind auch über Instagram neue Kontakte und sogar Freundschaften entstanden - weil ich mich proaktiv mit anderen Frauen & Mamas aus Kopenhagen ausgetauscht habe. Und heute bin ich richtig stolz auf meinen neuen Freundeskreis, den ich mir in den letzten Jahren erschaffen habe und freue mich über all die tollen Menschen, die ich in dieser Zeit kennenlernen durfte!
Zusammenfassend kann ich also sagen, dass ich mich durch die Auswanderung und die letzten Jahre in Kopenhagen definitiv persönlich weiterentwickelt habe: Ich habe mich selbst mit meinen Stärken und Schwächen noch besser kennengelernt, ich weiß, dass ich mich jederzeit auf mich selbst verlassen und mich schnell in ein neues Umfeld einfinden kann. Ich bin selbstbewusster, stärker und mutiger geworden. Und ich habe festgestellt, dass es mir inzwischen viel leichter fällt, auf neue Leute zuzugehen und proaktiv den Kontakt zu suchen bzw. diesen dann auch zu halten. Ich habe mein Komfortzone verlassen, mein Leben komplett auf den Kopf gestellt und mich dadurch selbst neu gefunden!